“Nulla dies sine linea” wäre ein guter Vorsatz. Kein Tag ohne Linie, jeden Tag was zeichnen, gestalten, basteln. Zum Beispiel eine Karte 10,5 mal 14,8 oder etwas grösser, Adresse drauf, schön frankieren und weg damit in einen gelben (bei uns) oder roten (England und manch andere Länder) Briefkasten stecken. Die Post ist bisher sehr zuverlässig. Zwar überleben allzu lose geklebte Dinge die Sortiermaschinen nicht (die habe ich im Verdacht), aber sonst kommen die Sendungen meist unbeschädigt an. Ob aus Basel nach irgendwo, oder von Burma, Indonesien, Portugal oder England hierher.
Karten gestalten macht Spass, die kreative Tätigkeit erleichtert einem das Prokrastinieren (Aufschieben anderer viel wichtigerer Projekte). Die Produkte sind meist sehr geschätzt. Je weniger Snailmail in Umlauf kommt, desto mehr fällt so ein Eigenprodukt in der Post auf. Und natürlich hat es Zeit gekostet, diese Post herzustellen.
Sendmeapostcart.com gibt einen kleinen Einblick in das, was schon auf die Reise gegangen ist oder darauf wartet. Im Laufe der Jahre sind wohl Tausende dieser Artefakte von Postbriefkasten zu Briefkasten gewandert. Fotografiert habe ich sie erst einigermassen systematisch, als digitale Kameras erschwinglich wurden. Und das ist jetzt auch schon kange her.
Begonnen hat die schöne Tätigkeit so Ende achtziger Jahre in den Ferien. Wir sind mit den Kindern nach Zypern ins Dorf Pentakomo gereist und hatten dort ein hübsches Haus gemietet. Von Zuhause haben wir leere Postkarten aus Aquarellkarton, Farben, Bleistifte, Schere, Gummi und Leim mitgenommen und zusammen die ersten Karten gebastelt. Die haben wir dann in den Dorfladen gebracht, frankieren und von den Frauen, die dort an der Kasse waren, begutachten lassen und auf die Reise geschickt. In Nikosia haben wir noch einen kleinen Farbkasten gekauft. Den gibt es noch immer. Die Kinder fanden das lustig, hatten aber auch noch andere Interessen. Nur der Vater blieb am Brauch hängen und schleppte fortan in jede Ferien Kästen mit Material mit. Das ist 2021 gut dreissig Jahre her. Eine lange Zeit.
Ich weiss nicht, wieviele Karten seit Pentakomo produziert wurden. Die meisten – auch die in dieser Website abgebildeten – sind verschickt und nicht mehr in meinem Besitz. Schön, wenn so ein Ding bei der Empfängerin oder dem Empfänger Freude macht. Und hie und da ist eine schöne Kollektion zusammen gekommen.
Es ist nicht wirklich Kunst, eine solche Karte zu produzieren. Es reicht, eine Füllfeder, einen feinen Pinsel zum Schattieren, vielleicht ein paar Farbstifte, einen Gummi, guten Leim und eine spitze Schere samt Skalpell einzupacken. Mit genügend Papier/Karton im richtigen Format samt ein paar Stücken Zierpapier und allerlei Fundsachen, die sich verkleben lassen. Ich kann nur Nachahmung empfehlen.
Martin Hicklin (Marhick)
Herbst 2021